Protest gegen Erstaufnahmeeinrichtung in Schneeberg

Knapp über einhundert Geflüchtete demonstrierten heute in Schneeberg gegen die Bedingungen der in der hiesigen Erstaufnahmeeinrichtung. Insbesondere das Management des Betreibers Malteser wurde hart kritisiert. “Sie spielen die schlimmste Rolle. Anstatt uns zu unterstützen, werden wir noch ausgelacht” hieß es in einem spontan gehaltenen Redebeitrag. Die Gesundheitsversorgung sei unzureichend, die ärztliche Sprechstunde zu unregelmäßig.
 
Die neben der Polizeifachschule gelegene Massenunterkunft ist schlecht erreichbar, der Weg in die Stadt führt über eine Schnellstraße ohne Fussweg, was insbesondere für Familien mit Kinderwagen ein echtes Risiko darstelle. Viele Bewohner:innen harren schon lange in dem Lager aus, ohne Chance auf Transfer in eine sächsische Stadt. Nicht zuletzt gibt es in der Schneeberger EA Probleme mit einzelnen Security-Mitarbeitern.
 

 
Die Begegnungen mit älteren Mitarbeitern der zuständigen Sicherheitsfirma WSM Wachschutz GmbH Mittweida wirkte bei Rückkunft der Demoteilnehmer:innen eher herzhaft. Dennoch soll es mehrere Vorfälle mit rassistischen Motiven gegeben haben, die vor allem, wenigen jüngeren Mitarbeitern des Unternehmens zugeschrieben werden. Die Rede war von rassistischen Kommentaren, Taschenkontrollen und Festhalten des Drehkreuzes im Eingangsbereich. Dadurch sollen Menschen öfter kurzfristig im Zugangsbereich gefangen gehalten und rassistisch beleidigt werden.
 
Der Demo-Zug führte durch Schneeberg auf den Markt wo zahlreiche Redebeiträge gehalten wurden, die sich kritisch mit der Erstaufnahme, Rassismus in der Gesellschaft und Behörden auseinander setzten. 
 
Die Reaktionen der Stadtbevölkerung auf die Demonstration waren gemischt. Anfeindungen (“Ich glaub wir brauchen eine Selbstschussanlage”, “darum das Kreuz bei der Wahl ganz oben”) gab es genau wie Solidaritätsbekundungen. Eine ehrenamtliche Unterstützerin aus dem Erzgebirge sagte, dass die Stimmung in der Stadt längst nicht mehr so schlimm sei wie 2014, als den rassistischen Aufrufen des NPD-Stadtrats Stefan Hartung zu Aufmärschen gegen das Camp regelmäßig über 1000 Menschen gefolgt waren.
 
Die Demonstration war selbst organisiert von den geflüchteten Bewohner:innen und wurde lediglich hinsichtlich der Anmeldung von Aktivist:innen unterstützt. “Ich freue mich, dass viele Menschen aus Syrien, Irak, Iran und Palästina heute hierher gekommen sind. Vor dem Hintergrund, dass uns im Camp Grundrechte nicht zugestandenwerden, freuen wir uns über jede Unterstützung” meinte ein Teilnehmer.
 
Mohammad von der Initiative “Camptours” sagte, dass die heutige Demo nur ein Baustein einer längeren Kampagne gegen die Bedingungen in den sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen sei – auch in Schneeberg sollen die Proteste weiter unterstützt werden. Eine Demonstration sei aber auch in Dölzig bei Leipzig geplant, wo ebenfalls die Malteser ein Camp betreiben. Dort hatte es zu Beginn der Corona-Pandemie massive Proteste gegen die Unterbringung und mangelnde Schutzmaßnahmen gegeben. / SO MS