So nicht bestellt – der kritische Podcast zum Thema Abschiebung

Der Sektkorken knallt, die Stimmung ist ausgelassen. „Auf eine Welt ohne Abschiebungen“ lautet der Trinkspruch zur Veröffentlichung der ersten Folgen des Podcast „So nicht bestellt“ – angesichts der Corona Pandemie ist es eine sehr kleine Feier. Spontan organisiert, mittels einer Flasche Sekt aus dem Spätverkauf. Angesichts des Themas wirkt auch das Foto irgendwie daneben findet Sandra – es geht um einen kritischen Podcast zu Abschiebungen. Wir hatten das Glück dabei zu sein und sprachen mit den MacherInnen.
 
Wer seid ihr?
„Sandra und Mark“ lautet Sandras knappe Antwort. „Wir kennen uns aus der Arbeit rund um Flucht und Asyl in Sachsen“ ergänzt Mark. „Konkret kennen wir uns vom Flüchtlingsrat Sachsen, wo Markt tätig war und der Beratung bei Bon Courage. Wir haben uns dazu Entschlossen einen Podcast zu produzieren und ihn aus dem Bon Courage e.V. in Borna zu senden“ konkretisiert Sandra.
 

 
Was hat es mit dem Namen „So nicht bestellt“ auf sich?
Mark: Das ist die unsägliche Aussage zur Abschiebung von 69 Menschen am 69. Geburtstag von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Er meinte nach dem 04. Juli 2018  das habe er „so nicht bestellt“. Vor dem Hintergrund, dass sich ein Mensch nach der Abschiebung das Leben nahm, drängte sich der Name auf. 
Sanrda: Der Name steht auch stellvertretend für ein Asylsystem, das den Namen kaum mehr verdient.
 
Was gibts bei euch auf die Ohren?
Sandra: Die ersten beiden Folgen sind ein bisschen special. In der ersten Folge stellen wir den Podcast vor. In der zweiten Folge, einer Sonderfolge, wollen an das Thema ranführen. Es geht einerseits darum das Hilflosigkeitsgefühl greifbar zu machen, andererseits wollen wir Visionen schaffen. Dazu stellen wir die Frage, wie es stattdessen aussehen kann. Dazu dienen 3 reale Beispiele – wie sie passiert sind und wie sie hätten passieren können.
 
Geplant sind zwei Folgen im Monat. In einer Folge kommt eine betroffene Person zu Wort. Also einem Menschen dem die Abschiebung droht oder der Verwaltungsakt schon vollzogen wurde. In der zweiten Folge haben wir stets eine ExpertIn zu Gast, die das kontextualisiert. Wir nähern uns langsam dem Thema Abschiebung um Menschen abzuholen, die mit dem Thema sonst nix am Hut haben.
Mark: Ich finde das sehr gut.
 
Was wollt ihr mit dem Podcast erreichen?
Mark: Abschiebungen abschaffen – negativ formuliert. Eine Änderung des §1 Asylgesetz in  „Bleiberecht für alle“ – positiv formuliert.
Sandra: Bis dahin zählen sicher auch die Zwischenschritte. Also Informationen dazu, was Abschiebungen bedeuten. Also konkret nächtliche Abschiebungen, Kinder, Familientrennungen, die Angst davor..
Mark: Es finden dauerhaft massive Grundrechtsverletzungen statt. Wir bringen Licht ins Dunkel.
 
Gibt es tatsächlich so viel zu Abschiebungen zu erzählen, dass sich ein eigener Podcast lohnt?
Sandra: Wir haben eine Staffel, mit monatlich zwei Folgen, geplant. Das ist quasi ein Rundumschlag als Einführung. Es geht um die Situation an Flughäfen, in den Herkunftsländern, in den Abschiebeknästen – ohne zu viel zu erzählen, lässt sich damit definitiv ein Jahr füllen. Das ist kein Podcast für die Ewigkeit, da es nicht ewig Abschiebungen geben wird.
 
Wie nehmt ihr mit den Menschen im Abschiebeknast Kontakt auf?
Sandra: Dank unseres Netzwerks. In Dresden ist das die Abschiebehaftkontaktgruppe. Das Interview aus dem Knast kommt Juni. 
Mark: Kontakte gibt es auch aus unseren eigenen Kontexten. Das sind Menschen die hier leben und schon abgeschoben wurden.
 
Ist der Podcast auf Sachsen beschränkt?
Mark: Der hat bundesweite Relevanz handelt primär jedoch in Sachsen. 
Sandra: Die sächsische Abschiebepolitik ist, im vergleich zu anderen Bundesländern, bis auf Bayern, auch rigider.
 
Warum sollte Mensch sich so ein schwere Thema antun?
Sandra: Das ist ne gute Frage. Irgendwie sind wir alle dafür verantwortlich. 
Mark: Öffentlichkeit dafür herzustellen, was Regierungen im Verborgenen tun. Irgendwie sollte es ein breites gesellschaftliches Bündnis sein, dass sich dem Thema annimmt.
Sandra: Sobald in der Vergangenheit Öffentlichkeit hergestellt wurde, waren auch immer Solidarisierungseffekte zu beobachten.
Mark: Genau dann, wurde auch oft von Einzelfällen gesprochen. Wochen danach passierte aber das gleiche. Schau dir die Abschiebung von Faisal an, die Trennung von Ehen. Das passiert ständig. 16 Mal zwischen 2015 und 2019, 20 Familientrennungen in 2016, 14 in 2019, 12 in 2020.

Sandra: Es geht uns darum Menschen sichtbar machen, die man im Alltag nicht sieht. Es ist angenehm den Betroffenen zuzuhören – das ermöglicht unser Podcast.