Kommunikations- und Deeskalationsverbot zur antiautoritären Demonstration anlässlich des EU-China Gipfel?

Es ist schon die zweite Pressekonferenz auf welcher die Demonstration zu dem EU-China Gipfel thematisiert wird. Dieses Mal im findet sie nicht im Rathaus, sondern Polizeirevier Leipzig Zentrum statt. „Wegen Corona“ werden Pressevertreter:innen am Eingang darum gebeten ihre Rufnummer zu hinterlassen. Beamte begleiten sie in den Konferenzraum. Im ersten Stock des altehrwürdigen Gebäudes ist das Gedränge groß. Stühle auf Abstand und Gewusel dazwischen. Nicht alle Medienvertreter:innen tragen Mund-Nasenschutz –  auch auf dem Podium wird der Abstand nicht eingehalten.

Zum Versammlungsgeschehen äußert sich Polizeipräsident Torsten Schultze: 

„In dem Kontext haben wir eine ganze Reihe von Veranstaltungen und Versammlungen hier bei uns im Stadtgebiet aber man muss eins feststellen. Das Thema China und das Thema Menschenrechte, was Thema in der Hauptveranstaltung sein wird ist so aktuell wie nie. Sie erleben die Diskussionen in den Medien, sie erleben die Katastrophe die auf der Insel Lesbos mit dem Flüchtlingslager Moria zu tun hat. Das sind Themen die natürlich die Menschen bewegen und die auch morgen in diesem Kontext mit der Kundgebung zu sehen sind. Wir haben aktuell angemeldet eine Versammlung „Storm the fortress break all borders. Gegen die Festung Europa und das autoritäre Regime China“. Allein der Titel belegt das was ich grade gesagt habe, die aktuellen Ereignisse verstärken auch hier noch einmal den Anlass.

Angemeldet mit achthundert Teilnehmern aus dem hinteren Bereich der Eisenbahnstraße über den Augustusplatz, Goethestraße, Brühl und dann Abschlusskundgebung auf dem Richard Wagner Platz.

Wir haben weitere vier Versammlungen und vier Veranstaltungen. Die möchte ich nicht geringschätzen, ich möchte aber sagen, dass unser Hauptaugenmerk auf dieser Versammlung „Storm the fortress break all borders“ liegt.

Wir sind in der permanenten Beurteilung der Lage. Haben in der vergangenen Woche oder auch in den Monaten davor immer wieder Lageerkenntnisse gesammelt und auch ausgewertet und sind gegenwärtig so weit, dass wir sagen können, uns liegen Erkenntnisse zur Mobilisierung vor. Inwieweit, angesichts anderer Veranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland, in anderen Städten Mobilisierungen nach hier tatsächlich stattfinden, das ist weiterhin etwas fraglich und inwieweit Gewalttäter sich da drunter befinden auch dazu können wir keine definitiven Aussagen treffen aber in jedem Fall müssen wir, nachdem was wir gelesen haben, dass zumindest ein Teil der Protestieren der vergangenen Woche an dem Demonstrationsgeschehen teilnimmt – und jetzt will ich nicht sagen, dass die Demonstrierenden in der vergangenen Woche alles Gewalttäter gewesen sind, aber wir wissen, dass ein Teil da drunter gewesen ist und wenn die teilnehmen kann auch ein unfriedlicher Verlauf nicht ausgeschlossen werden.

Wenn wir das Thema an sich nehmen, dann geht es ja nicht wie in manchen anderen Versammlungen gegen die Polizei sondern das ist ein Thema was sich mit China und den Menschenrechten und der Flüchtlingsproblematik betrifft. Nun ist leider China nicht da und wir sind diejenigen, die im Raum unterwegs sind und wir könnten auch wieder diejenigen sein, die dort Gegenstand von Auseinandersetzungen werden könnten.

Ich hab zu Kenntnis genommen, dass die Organisatoren mitgeteilt wurde, dass von ihnen keine Eskalation ausgeht. Gleichzeitig haben sie aber auch mitgeteilt, dass –  ob es zu einer Eskalation kommt, dass das vom Verhalten der Polizei abhängt. Da sind wir jetzt gut zusammen. Wir erwarten auch vom Versammlungsleiter und von den Versammlungsteilnehmern, dass sie entsprechend dem Artikel 8 unseres Grundgesetzes sich friedlich und ohne Waffen versammeln und wir möchten mit unserer Vorgehensweise und unserer Taktik, die ganz klar auf Deeskalation und auf Kommunikation setzt auch diese Versammlung begleiten und wenn wir uns gemeinsam mit der Versammlungsbehörde, gemeinsam mit dem Versammlungsleiter und den Versammlungsteilnehmern uns einig sind, dann sollte es auch zu einem friedlichen Verlauf führen.“

Einsatzleiter Frank Gurke aus dem Führungsstab ergänzt:

„Meine Kollegen und ich wir gehen morgen in diesen Einsatz – und das nicht nur morgen sondern auch in allen vorangegangenen und zukünftigen Einsätzen – natürlich nicht um eine Situation zu eskalieren, sondern um die Rolle der Polizei wieder einmal auch den Straßen dieser Stadt umzusetzen und dem Recht zur Geltung zu verhelfen und die Versammlungsfreiheit zu schützen und die Meinungsfreiheit zu gewährleisten. Das ist der Anspruch den wir vor uns hertragen.

Ich habe gestern nochmal zwei Stunden intensiv mit den Kollegen, die gemeinsam mit mir morgen in verantwortlichen Positionen den Einsatz bestreiten werden, gesprochen – insbesondere auch mit dem Blick auf die Ereignisse der vergangenen Woche, aber der Blick geht natürlich auch nach vorne. Deswegen betone ich das nochmal und der Polizeipräsident hat es ja eben auch noch einmal gesagt unter welchen Duktus wir morgen diesen Einsatz bestreiten werden:

Es sind wiederum die Leitlinien die uns auch in allen anderen Versammlungen begleiten, die morgen ganz eindeutig das Credo des polizeilichen Handelns sein werden. Nämlich Gewährleistung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Der absolute Vorrang des Kommunikations- und Deeskalationsverbotes [sic!] bei Versammlungen die nach Artikel 8 grundsätzlich friedlich stattfinden sollen. Gleichzeitig sind wir als Polizei aber politisch neutral und wir wollen für die Bürger dieser Stadt, für die Öffentlichkeit, die Sicherheit garantieren. Deshalb gilt für alle friedlichen Protestformen eine hohe Einschreitschwelle.“ 

Entlang der Demoroute wird ein Kontrollbereich eingerichtet. Die Beamt:innen sind angewiesen sensibel mit dem Instrument umzugehen und nur bei konkreten Verdachtsmomenten davon Gebrauch zu machen. Zudem werde Sondertechnik wie Wasserwerfer, Hubschrauber und Bildübertragungswagen vorgehalten. Bezüglich des, von Frank Gurke erwähnten, Vorrangs eines „Kommunikations- und Deeskalationsverbotes“ gehen wir von einem Versprecher aus.

Die gesamte Pressekonferenz kann auf der Facebookseite der LVZ nachgesehen werden:
https://www.facebook.com/114360055263804/videos/2678914232328514/