18. Dezember – Tag der Migranten

Die Stadt Leipzig und die AG Migranten der Grünen in Leipzig haben beschlossen, den Internationalen Tag der Migranten unter dem Motto „Wir sind alle Migranten“ zu zelebrieren. Das oben gezeigte Banner wird am 18. Dezember am Leipziger Rathaus hängen.

Ich wende mich gegen diese Generalisierung, die, anstatt auf die Probleme der MigrantInnen aufmerksam zu machen, eine Atmosphäre der Gemeinsamkeit der Erfahrung schafft. Eine Wahrnehmung, die falsch ist. Erlebt jeder Deutsche, was MigrantInnen in Flüchtlingslagern erleben? Sind alle Leipzigerinnen und Leipziger von Abschiebung bedroht? Haben alle Leipzigerinnen und Leipziger Angst, dass ihnen aufgrund ihrer Herkunft oder Nationalität soziale Leistungen verweigert werden? Müssen alle Leipzigerinnen und Leipziger ein demütigendes und entwürdigendes Verfahren bei der Ausländerbehörde durchlaufen, um Zugang zu Grundrechten zu erhalten?

Dieser Slogan ähnelt in seiner Rhetorik dem rechten Motto „ALL LIVES MATTER“. Eine PR-Version eines Slogans, der im Namen der Gemeinschaft den Unterschied zwischen den Opfern des deutschen Nationalismus und seinen Nutznießern verwischt.

Leipzig ist eine Stadt, die eine der am schlechtesten funktionierenden und de facto dysfunktionalen Ausländerbehörden hat. Derzeit sind die Bedingungen im Flüchtlingslager in Mockau ein Affront gegen die Menschenwürde. Das Lager entspricht nicht den grundlegenden hygienischen Anforderungen. Müssen alle Leipziger Bürgerinnen und Bürger unter solchen Bedingungen leben wie die Menschen, die im Lager in Mockau eingesperrt sind?

Der Slogan „Wir sind alle Migranten“ sagt nichts über die Probleme der MigrantInnen in unserer Stadt aus. Ist dies nur ein PR-Versuch? Ein weiteres „Social-Washing“? Warum wird nicht gegendert? Eine einmalige Aktion, die den guten Gefühlen ihrer Autoren dient oder Menschen, die nicht MONATE auf einen Termin bei der Ausländerbehörde warten müssen.

Nein, wir sind nicht alle Migranten.

MigrantInnen sind Lieferando- und Amazon-LagerarbeiterInnen.

MigrantInnen sind osteuropäische Frauen, die mit illegalen Verträgen und unter prekären Bedingungen Pflegearbeit für sterbende Deutsche ohne Migrationshintergrund leisten.

MigrantInnen sind Menschen, die abgeschoben und gefesselt in Flugzeugen sitzen, die regelmäßig vom Flughafen Leipzig/Halle abfliegen.

MigrantInnen sind Menschen, die von der sächsischen Polizei kriminalisiert werden. Von eine Organization die ein Problem mit Nazis in ihren Strukturen hat.

Mein Chef ist kein Migrant.

Der Oberbürgermeister von Leipzig ist kein Migrant.

Der neue deutsche Ministerpräsident ist kein Migrant.

Nach offiziellen Angaben haben 16% der Leipziger Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Lassen Sie uns die Realität nicht verdrehen.

Stattdessen schlage ich einen Slogan vor: „Deutschland, entnazifiziert sich endlich!“.

/PM Grafik: PM