Zwickau: Antifa im Exil

„Antifa im Exil“ eine Online-Arbeitsgruppe aus Zwickau kämpft gegen rechtsextreme Gewalt, plant Aktionen und Demonstrationen zur Sensibilisierung in ländlichen Räumen. Unterstützung durch Solidarität vor Ort und über Städtegrenzen hinweg erwünscht. Für 25.6.2023 ist eine Demonstration in Zwickau geplant. Eine gemeinsame Anreise aus Leipzig wurde organisiert. Wir sprachen mit den Organisatorinnen.

Wer seid ihr?

Wir sind „Antifa im Exil“ – eine Arbeitsgruppe, die aus Aktivistinnen und Aktivisten aus Zwickau entstanden ist. In den letzten Jahren sind einige von uns aus verschiedenen Gründen, wie zum Studium oder zur Ausbildung, aus Zwickau weggezogen. Da wir nun überall in Sachsen und darüber hinaus verstreut leben, wurde es schwierig, in Verbindung zu bleiben und politische Aktivitäten und Aktionen in Zwickau zu organisieren. Obwohl wir nicht mehr vor Ort sind, liegt uns die Stadt weiterhin am Herzen, und wir sind der Meinung, dass antifaschistische Arbeit in Zwickau und Umgebung nach wie vor notwendig ist. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, eine Online-Arbeitsgruppe zu gründen. Unser Ziel ist es, über die Geschehnisse in Zwickau informiert zu bleiben und gelegentlich einen Beitrag dazu zu leisten.

Was macht ihr?

Unser Hauptanliegen ist es, die aktuellen Entwicklungen in Zwickau im Auge zu behalten, Aktionen und Demonstrationen zu planen und bereits bestehende Gruppen in Zwickau zu unterstützen. Es ist uns wichtig, in den Städten, in denen wir derzeit leben, ein Bewusstsein für die Situation in ländlichen Gebieten zu schaffen. Oft haben wir es mit Menschen zu tun, die den Alltag in solchen Regionen nicht vollständig nachvollziehen können, da sie selbst in größeren und meist offeneren Städten aufgewachsen sind, in denen zwar rechtsextreme Strukturen existieren, diese aber nicht so offen, unkommentiert und kontinuierlich wachsen. Vor Ort muss sich die Stadt Zwickau endlich der ernüchternden Realität einer zunehmenden Normalisierung des Faschismus stellen, ebenso wie die Oberbürgermeisterin und die schweigende Mehrheitsgesellschaft.

Ihr veranstaltet eine Demonstration, was hat es damit auf sich?

Unsere Demonstration steht unter dem Motto: „In Zwickau und anderswo – Nazi-Strukturen benennen und bekämpfen!“ Die Stadt Zwickau bot dem NSU-Komplex bereits in den frühen 2000er Jahren Unterschlupf – ein Ort, an dem Morde geplant wurden. Diese Geschichte rechtsextremer Gewalt wurde nie vollständig aufgearbeitet. Die Kontinuität des offenen Nazismus ist äußerst erschreckend. Darüber hinaus sind Neonazis wie Manuel G. [Anm. d. Redaktion: Name gekürzt] aus dem Westen nach Zwickau gezogen, wo sie unbehelligt Strukturen aufbauen und Räume für sich beanspruchen. Am Beispiel der extrem rechten Partei „Der III. Weg“ wird diese Entwicklung besonders deutlich. Diese Partei gewinnt zunehmend Anhänger, auch unter jungen Menschen. Ende des letzten Jahres eröffnete „Der III. Weg“ schließlich einen „NRJ-Stützpunkt“ – ein Jugendzentrum für Nazis in der Zwickauer Umgebung, genauer gesagt in Wilkau-Haßlau, einer Kleinstadt im Landkreis Zwickau, die ebenfalls mit einem massiven und wachsenden Problem rechtsextremer Gewalt konfrontiert ist. Diese Ausbreitung faschistischer Strukturen, die auch vor unseren Schulen nicht Halt macht, dürfen wir nicht unbeantwortet lassen.

Der konkrete Anlass für unsere Demonstration war der Vorfall am 12. Mai dieses Jahres: „Angriff auf neue Asylunterkunft in Zwickau“, wie in der Freien Presse berichtet wurde. Der Aufschrei blieb, wie so oft, aus. Dieser Vorfall kann nur als Beispiel für die zunehmende rechte Gewalt stehen, die gegen Geflüchtete, Linke, queere Menschen und viele andere gerichtet ist, die sich klar gegen Rechts aussprechen. Genossinnen und Genossen werden verfolgt, der letzte CSD endete mit Angriffen, und die Mehrheitsgesellschaft schweigt. Das kennen wir nur allzu gut aus unserer Zeit in Zwickau. Wenn minderjährige Genossinnen und Genossen, wie vor etwa einem Monat, brutal zusammengeschlagen werden, können wir nicht resignieren. Es ist an der Zeit für einen konsequenten und gesellschaftlichen Antifaschismus, der auch die Verantwortungsträgerinnen und -träger der Stadt beim Namen nennt.

Was könnte helfen, um die Umstände in Zwickau/Sachsen zu verbessern? 

Zunächst einmal müsste die Stadt und die gesamte Bevölkerung ein Bewusstsein für die Geschehnisse entwickeln und gezielt darauf eingehen. Dazu gehören Beratungsangebote, politische Bildungsarbeit, die Aufarbeitung des NSU-Komplexes, die Sicherung von Demokratieprojekten und antifaschistischer Selbstschutz. Es müsste so vieles getan werden, sowohl von uns als auch von der Stadt und allen Beteiligten. Bis heute existiert in Städten wie Zwickau kein konkreter Plan, um dem rechten Vormarsch effektiv entgegenzuwirken. Die globale und bundesweite Ungleichheit sowie die neoliberale Politik, die von Profitinteressen gesteuert wird, verschärfen die Situation überall.

Wie kann man euch unterstützen?

Ihr könnt uns unterstützen, indem ihr euch mit den Betroffenen vor Ort solidarisiert. Solidarität und Zusammenarbeit sollten auch dann stattfinden, wenn gerade keine größeren rechtsextremen Veranstaltungen stattfinden. Es ist wichtig, dass bestimmte Gruppen aus Großstädten nicht in ihren internen Konflikten stecken bleiben, während Antifaschistinnen und Antifaschisten in ländlichen Gebieten angegriffen werden.

Die Anreise zur Demo am 25.6.2023 aus Leipzig ist um 11:00 Uhr an Gleis 20 Hauptbahnhof Leipzig und wird von der „Aktion Antifa Leipzig“ organisert. /MS

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