Am vergangenen Samstag versammelten sich rund 200 Menschen zu einem musikalischen Flashmob, organisiert von den „Omas gegen Rechts“. Mit Liedern und Protesten setzten sie ein starkes Zeichen gegen rechte Strömungen. Wir sprachen mit Meta – einer Oma gegen Rechts.
Warum bist du bei den Omas gegen Rechts?
Das ist mir ein Bedürfnis, als ältere Person weiterhin politisch aktiv zu sein. Die Omas stehen für genau das, was ich politisch vertreten kann – mit zivilen Mitteln und auch ein wenig zivilem Ungehorsam Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich politisch engagieren und für die Demokratie einsetzen können.
Was hat euch konkret dazu bewegt am Samstag und der vergangenen Woche besonders aktiv zu werden. Die Summe der Ereignisse oder der Vorstoß zur Verschärfung der Migrationspolitik durch Friedrich Merz?
Beides wahrscheinlich – die bevorstehende Bundestagswahl und natürlich auch die Politik der CDU, die uns empört hat. Wir sehen, dass die CDU Themen der AfD aufgreift, in der Hoffnung, Wähler zurückzugewinnen, doch das funktioniert nicht. Studien zeigen, dass es keinen Sinn macht, populistischen Strömungen hinterherzulaufen. Ich befürchte, dass sie diese Positionen nicht nur aus taktischen Gründen übernehmen, sondern tatsächlich davon überzeugt sind. Das trifft mich sehr, weil ich gehofft hatte, dass eine gute konservative Politik die Menschen wieder einfangen könnte. Doch die Richtung, die sie jetzt einschlagen, ist keine gute konservative Politik. Eine demokratische Gesellschaft braucht ein breites politisches Spektrum – sozial, links, aber auch konservativ. Es wäre die Aufgabe der konservativen Parteien gewesen, diese Werte in einem sauberen, demokratischen Rahmen zu halten. Doch sie überschreiten eine Grenze, die ich als verantwortungslos empfinde.
Mir drängt sich der Verdacht auf, dass das Thema Migration nur allzu bereitwillig aufgegriffen wird, weil für die wirklich wichtigen Themen wie Klimaschutz, soziale Politik, Bildung, bezahlbare Mieten und Armutsbekämpfung keine Lösung aufgezeigt werden müssen. Das ist fahrlässig unseren Kindern und Enkeln gegenüber.
Gibt es noch konservative Politiker, mit denen ihr euch identifizieren könnt?
Ich kann hier nur für mich und nicht für die Omas sprechen. Ja, es gibt noch anständige Konservative, wie beispielsweise Marco Wanderwitz. Doch diese Stimmen verschwinden zunehmend aus der Öffentlichkeit. Ich würde mir wünschen, dass diese Politiker wieder nach vorne treten und ihre Positionen klar vertreten. Leider verschwinden sie aktuell in der Versenkung, was mich fassungslos macht.
Ihr habt euch für ein besonderes Aktionsformat entschieden – ein musikalischer Flashmob. Warum?
Normalerweise machen wir Mahnwachen oder treten an verschiedenen Orten auf. Diesmal wollten wir etwas Neues ausprobieren. Ein musikalischer Flashmob spricht viele Menschen positiv an und hat dazu geführt, dass sich viele spontan beteiligt haben. Die Reaktionen waren durchweg positiv. Die Polizei wollte kurz intervenieren, hat sich dann aber wieder zurückgezogen. Es war ein voller Erfolg, und wir werden das Format auf jeden Fall wiederholen.
Der Flashmob fiel zufällig mit dem Besuch von Tino Chrupalla in Leipzig zusammen, oder?
Ja, das war tatsächlich Zufall. Wir hatten den Flashmob schon Wochen vorher geplant, inklusive der Liederproben. Als wir dann erfuhren, dass Chrupalla in der Stadt sein würde, haben wir unsere Route kurzfristig angepasst und uns der Gegendemo gegen die AfD angeschlossen. Das hat sie offensichtlich gestört, denn die Reaktionen in den sozialen Medien waren entsprechend heftig. Wenn wir Gegenwind bekommen, wissen wir, dass wir etwas richtig machen.
Die Medienresonanz war eher verhalten. Die LVZ titelte „AfD Wahlkampfauftritt in Leipzig: Farbbomben. Pfefferspray gegen Demonstranten“ Wie geht ihr damit um?
Die LVZ zum Beispiel hat uns nie besonders wohlwollend behandelt. Sie haben nicht einmal nachgefragt, ob sie mit uns sprechen können. Das zeigt, dass sie ein anderes politisches Spektrum abbilden. Natürlich ist es schade, wenn unsere Aktionen nicht stärker wahrgenommen werden. Aber wir wissen, dass wir auf der Straße die richtigen Leute erreichen.
Glaubst du, dass kritische Berichterstattung die Anschlussfähigkeit eurer Bewegung beeinflusst?
Nein, wer zu so einer Zeit nicht auf die Straße geht, wird es auch in Zukunft nicht tun. Wer sich bisher nicht positioniert hat, wird es wahrscheinlich auch nicht mehr tun. Manche Menschen interessiert es einfach nicht, andere unterstützen vielleicht bewusst eine menschenverachtende Politik. Unsere Arbeit wird dadurch nicht weniger wichtig.
Stimmt es, dass eure Proteste von der Bundesregierung finanziert werden, wie es in der Bild-Zeitung behauptet wurde?
Das ist völliger Unsinn. Es gab wohl insgesamt 23.000 Euro Fördermittel für einige Projekte, z.B. „Demokratie leben“ die Oma-Gruppen ausgerichtet haben. Keine der über 30.000 Omas bundesweit zieht persönlichen Vorteil aus dieser Förderung. Wer sich bewusst diesem Empörungs-Journalismus bedient , will diskreditieren: das Einsetzen für die Demokratie und die Omas gleich mit. Die Behauptung, wir würden staatlich finanziert, ist Stimmungsmache der übelsten Art und kann nur dem Gedankengut von Demokratiefeinden entspringen.
Können nur Omas mitmachen oder auch Opas?
„Omas“ ist eine Haltung. Wir haben auch viele Opas dabei. Manche fragen uns, warum es nicht „Omas und Opas gegen Rechts“ heißt, aber die Bewegung wurde von Frauen gegründet und trägt diesen Namen als Marke. Die Opas sind trotzdem herzlich willkommen.
An der Stelle möchte ich auch die „Eltern gegen Rechts“ erwähnen. Die haben sich vor etwa einem halben Jahr gegründet, und inzwischen sind sie richtig stark geworden. Sie sind sehr aktiv und haben in kürzester Zeit beeindruckend viel auf die Beine gestellt. Letzten Sonntag haben sie eine Demo mit 1.500 Eltern und Kindern organisiert – eine sehr familienfreundliche Veranstaltung, aber mit klaren politischen Aussagen.
Man sieht, dass sich immer mehr engagieren, selbst diejenigen, die wenig Zeit haben und stark eingespannt sind. Trotzdem tun sie etwas, weil es keine andere Option gibt, als sich einzubringen. /MS