Alle Gefangenen des Tag X aus U-Haft entlassen – Hubschraubereinsatz sorgt für Erheiterung

Heute wurden die letzten Gefangenen aus der Untersuchungshaft der JVA Leipzig entlassen. Die Staatsanwaltschaft hält scheinbar an dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs für alle Personen, die sich im „Leipziger Kessel“ befanden fest. Ein Hubschraubereinsatz sorgte für Erheiterung.

Im Zusammenhang mit den Versammlungen rund um das Wochenende vom 3. Juni in Leipzig wurden inzwischen alle Personen, meist unter Auflagen, aus der Untersuchungshaft entlassen.

Letzten Donnerstag wurden in zwei Fällen Haftprüfungen positiv entschieden. Hartwin Schulz aus Bernau, der Vater eines Angeklagten, äußerte sich dazu gegenüber LA-PRESSE.ORG und sagte: „Dafür habe ich mich 1989 nicht verhaften lassen. Ich habe 1.000 Seiten in meiner Stasi-Akte gesammelt, die von 11 Spitzeln um mich herum zusammengetragen wurden.“ Er stehe voll hinter seinem Sohn.

Laut Auskunft der Rechtsanwältin Rita Belter, stellte der Richter bei einer heutigen Haftprüfung von Tim H. fest, dass der „dringende Tatverdacht“ lediglich „schwach“ sei. Das Gericht ließ jedoch durchblicken, dass sich alle Personen, die sich im „Leipziger Kessel“ befanden, wegen schweren Landfriedensbruchs verantworten sollen – so die bislang unbestätigte Information. Tim H. war nach Überzeugung der Gefangenen-Gewerkschaft (GG/BO) unschuldig in Haft. Sein Engagement für die Gefangenen des Leipziger Kessels wurde vom Monitor Magazin eingefangen.

Tim H. äußerte sich zur heutigen Haftentlassung gegenüber LA-PRESSE.ORG und schilderte erneut die schlechten Bedingungen im „Leipziger Kessel“ sowie schlechten Haftbedingungen in der JVA Leipzig. Insbesondere sprach er für den letzten Entlassenen an diesem Tag. Während der Haft musste dieser vier Mal ins Krankenhaus, davon dreimal auf die Intensivstation. Dies geschah obwohl, entgegen seines ärztlichen Schreibens, die Medikation in der JVA durch die Anstaltsärztin geändert worden sein soll. Während der Rettungshubschrauber auf dem Gelände der JVA landete, soll die diensthabende Ärztin mit verschränkten Armen vor der Zellentür gestanden und den Zustand mit den Worten „der simuliert“ kommentiert haben. Die stellvertretende Anstaltsleiterin soll sich daraufhin entschuldigt haben. Laut LVZ wurde eine externe Überprüfung der Vorgänge eingeleitet. Die Vorfälle werden zudem im kommenden Rechts- und Verfassungsausschuss des Sächsischen Landtages detaillierter aufgearbeitet. 

Zudem sorgte heute ein weiterer Hubschraubereinsatz für Verwirrung. Tim H. kam in Begleitung eines Hubschraubers gegen 9:45 Uhr am Amtsgericht an. Laut einer Pressesprecherin der Polizei ergab eine Nachfrage bei den Zuständigen, dass der Hubschraubereinsatz im Zusammenhang mit einer geplanten Schornsteinsprengung stattfand.

Die Flugbahn des Hubschraubers, der aus Dresden angeflogen kam, wirft die Frage auf, warum er über der JVA Leipzig kreiste, Tim H. begleitete und mit ihm gemeinsam Präsenz am Amtsgericht zeigte.

Manuel Matze, Bundessprecher der Gefangenen-Gewerkschaft, kommentierte den Hubschraubereinsatz amüsiert: „Denken die Behörden wirklich, wir befreien unsere Gefangenen mit einem Panzerwagen wie in Hollywood? Die GG/BO wurde vom Bundesverfassungsgericht als Sachverständige bestellt und wird morgen an der Urteilsverkündung zur Gefangenenvergütung in Karlsruhe teilnehmen. Die SokoLinX sollte die Fenster mal auf Kipp stellen.“ /MS

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Quellen:
Interviews mit Tim H, Eda, Rita Belter und Manuel Matzke
Quellen aus dem Sächsischen Landtag
Presseanfragen an die PD Leipzig
Leipziger Volkszeitung
Radarbox.com