Die „Betriebsgruppe Clever Shuttle“ erhebt schwere Anschuldigungen. Im Interview berichtet Felix Hamann (Name von der Redaktion geändert), worum es geht.
Clever Shuttle Leipzig ist ein Ableger der Berliner GHT Mobility GmbH – deren Mehrheit seit 2018 der Deutschen Bahn gehört. In Leipzig steht die Fahrzeugflotte an Gleis 1 des Hauptbahnhofes. Anfang vergangener Woche erschien ein Twitter-Account mit seinem ersten Tweet „Ab sofort twittert hier die neue Betriebsgruppe bei CleverShuttle Leipzig. Hier läuft vieles falsch – stay tuned!“. In kurzer Zeit wuchs der Account auf 180 Follower.
Warum wolltest du zu Clever Shuttle?
Wie viele von uns, kam ich über die Empfehlung eines Minijobbers zu Clevershuttle. Die Idee den Verkehr, mit CO2 minimierten Fahrzeugen, aus der Stadt rauszukriegen fand ich sympathisch. Ein grünes Unternehmen. Zudem ist der Job nicht anstrengend und man kommt gut mit Leuten ins Gespräch. Viele von uns fingen aufgrund der Empfehlung von Minijobbern an – ihnen fehlt in weiten Teilen aber auch der Innenblick.
Was läuft dort schief?
Der wichtigste Punkt ist die Kommunikation. Unter vielen Themen drängt Corona und Corona-Schutz. Im Geschäftsablauf schmerzt das Thema Bareinnahmen. Die Barzahlungen von Kunden haben wir zwei Mal im Monat, nach einer Abrechnung von Clever Shuttle, bar einzuzahlen. Die Abrechnungen stimmen häufig nicht. Es kann schon mal vorkommen, dass man 1.500€ einzahlen soll obwohl das nicht passt. Passiert das nicht, wird der Lohn einbehalten – auch unterhalb der Pfändungsgrenze. Gleiches kann auch bei einem Unfall widerfahren. Dann steht man am Ende des Monats mit 100€ da. Das sind Probleme wie sie in jedem Unternehmen aufkommen können – damit kommen wir zum Betriebsrat und dem eigentlichen Problem.
Wie steht es mit dem Betriebsrat?
Zum Betriebsrat können wir uns an der Stelle nur sehr zurückhaltend äußern. Fakt ist, dass der Betriebsrat alles von der Betriebsleitung durch winkt. Als Beispiel sei das Kurzarbeitergeld genannt, welches im letzten Jahr von April bis August gezahlt wurde. Kurzarbeit kann nicht einseitig Arbeitgeber beschlossen werden, sondern Bedarf der Zustimmung des Betriebsrates – oder der Mitarbeiter*innen, falls es diesen nicht gibt. Der Betriebsrat hat nicht nur zugestimmt, sondern die gesetzlich vorgeschriebene 2 Wochen-Frist ausgehebelt. Das war klar gegen die Interessen der Mitarbeiter*innen.
Wie steht es mit der gewerkschaftlichen Organisierung?
Schlecht. Am Anfang hatten wir einen sehr hohen Organisationsgrad von Mitarbeiter*innen in einer Gewerkschaft, inzwischen ist der jedoch signifikant zurück gegangen – dahinter steckt ein System, auf das wir an anderer Stelle auch noch einmal eingehen.
Warum geht Ihr erst jetzt damit an die Öffentlichkeit?
Wir waren öfter schon kurz davor an die Öffentlichkeit zu gehen. Es bestand bereits Kontakt zu Medienvertreter*innen. Letztendlich haben wir uns, nicht zuletzt auf Bestrebungen des Betriebsrates, zurückgehalten. Tatsächlich war es aber auch so, dass grade irgendwelche Verhandlungen liefen und wir dem Unternehmen nicht schaden wollten.
Verhandlungen?
Der Leipziger Ableger von Clever Shuttle hat Teile des Flexa Geschäft von der LVB übernommen, welches als Zubringer für den ÖPNV agiert. Also in der Peripherie, wo kein Linienverkehr der LVB fährt, es jedoch trotzdem eine Nachfrage nach ÖPNV gibt, dort übernimmt Clevershuttle oder ein Taxiunternehmen die Fahrten. Letztendlich bringen Flexa Fahrten, aufgrund von fehlenden Zuschlägen und Trinkgeld weniger Lohn. Die Verhandlung war ein Punkt an dem wir zögerten.
Trotzdem wird der Zeitpunkt der verhaltenen Öffentlichkeit nicht so richtig klar.
Es wäre unverantwortlich jetzt nicht an Öffentlichkeit zu gehen. Das Unternehmen ist potentieller Superspreader. Es hat lange gedauert bis wir Masken gestellt bekommen haben. Die Argumentation war, dass wir ja einen Spuckschutz in den Fahrzeugen hätten. Von den vorgeschriebenen Corona-Tests haben wir bis heute nichts gesehen. Inzwischen wurde das Gesundheitsamt eingeschaltet.
Wie geht es weiter?
Vor dem Hintergrund unserer Informationen, dem signifikanten Einbruch im gewerkschaftlichen Organisierungsgrad unter den Mitarbeiter*innen und einem mächtigen Unternehmen auf der Gegenseite sind wir sehr vorsichtig. Wir sind grade dabei uns versierte Partner*innen für die Öffentlichkeitsarbeit und rechtliche Fragen zu suchen. Der Twitter-Kanal war ein guter Anfang. Es laufen bereits die ersten Gespräche.
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