Kameras, Mikrofone und Menschen mit Notizblöcken in der Hand. Der Andrang ist groß. Pressetermin in »Mockau III« der Aufnahmeeinrichtung des Freistaates Sachsen. Seit vergangener Woche werden die Unterkünfte »Mockau II und III« ausschließlich für die Unterbringung von Menschen aus der Ukraine genutzt. Die Lage ist chaotisch.
Am 2. März 2020 übernahm Regina Kraushaar die Leitung der Landesdirektion. Kurz nach ihrem Jahrestag steht die Präsidentin der Landesdirektion im Kreuzfeuer der Presse. Ob sie mit der aktuellen Entwicklung im Umgang mit den Geflüchteten zufrieden sei, wollte ein Journalist von ihr wissen: »Im Katastrophenschutz heißt das Chaosphase«. Man möchte die Ankunft von Menschen aus der Ukraine »so wenig holprig wie möglich gestalten«. Erst auf Nachfrage wird zugegeben, dass die Kapazität der Erstaufnahme »nahezu ausgeschöpft ist«. »Nahezu«, weil ständig Menschen zu- und abreisen. Währenddessen bildet sich vor der Unterkunft eine kleine Schlange mit Neuankömmlingen – Abreisen sind keine zu beobachten.
»Die Landesdirektion bekommt nichts gebacken. Noch immer werden wir auf der Seite der Stadt Leipzig geführt, obwohl wir randvoll sind. Uns fehlen Übersetzerinnen.« lautet es von einer Mitarbeiterin auf dem Gelände. Sie möchte anonym bleiben. Die Präsidentin der Landesdirektion dagegen versucht Ruhe auszustrahlen, sucht vergebens ihr Handy für aktuelle Zahlen. Ein Mitarbeiter springt ein. 1.944 Frauen, Männer und Kinder seien in den letzten 10 Tagen in Mockau angekommen, einige davon »aber auch schon weitergezogen«. Die Kapazität in Mockau beträgt aktuell 1.300 Plätze. Man sei dabei, auf dem Gelände weitere Plätze mit Zelten zu schaffen. Wie das genau aussehe, wisse man noch nicht. Auch wurde noch keine Person auf eine der Kommunen umverteilt. »weil wir die Kommunen in Ruhe vorbereiten lassen wollen«. Auch die Verteilung über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), nach dem Königsteiner Schlüssel, sei eine Option. Das wirkt widersprüchlich, da Ukrainer*innen Freizügigkeit genießen.
Über das Bundessamt werde aktuell auch eine technische Lösung zur Registrierung erarbeitet. Aktuell erfolge die Registrierung in Mockau noch manuell. Registriert haben die Menschen Anspruch auf Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz, bedeutet Übernahme der Kosten für medizinische Versorgung und Unterkunft. Ebenso können die Menschen arbeiten und sich frei bewegen. Mit einem Asylantrag, dem Status als Asylbewerber*in, sei das nicht möglich. Vor der Unterkunft steht eine Person, die angibt von der Bundespolizei genötigt worden zu sein, Asyl zu beantragen und sich nun hier melden solle.
Uns fällt zudem ein junger Mann auf, der neben einem kleinen Rucksack auch eine kleine Tasche mit einer Perserkatze trägt. Wir fragen beim Einlasspersonal ob Menschen mit Haustieren hier auch unterkommen können. »Nein, leider nicht«. Als wir den jungen Mann mit Katze darauf ansprechen und fragen ob er von den privaten Angeboten schon gehört hat, meinte der, dass Tierhaltung hier kein Problem sei. Sein Freund hätte bereits mit Hund eingecheckt.
Das Engagement der Privaten wurde von der Präsidentin der Landesdirektion außerordentlich gelobt. Die Unterkunft könne aber nicht dauerhaft von Privat organisiert werden. „Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon“. In der Chaosphase findet sie zumindest das Hilfeportal des Landes, welches am Freitag online ging, »gut«. Die Präsidentin läd Pressevertreter*innen dazu ein, sich ein Bild von der Mensa und dem Spielebereich zu machen. Als es los geht, sucht sie vergebens ihre FFP2-Maske. Dezent bekommt sie eine von den Johannitern gereicht. / MS