Ein 18-jähriger namens Claus wurde wegen Konflikten mit rechtsextremen Gruppen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Wegen Teilnahme an der Demonstration für Versammlungsfreiheit, die im „Leipziger Kessel“ endete, wurde die Bewährung widerrufen. Bei seiner Ankunft in der Jugendstrafanstalt Regis kam es zu einem weiteren Vorfall. Claus Begleiterinnen wurden vom Gelände der Jugendstrafanstalt verwiesen, weil es sich um „Privatgelände“ handele. Das Justizministerium weist Verantwortung von sich.
Der 18-jährige Claus wurde wegen Konflikten mit rechtsextremen Gruppen in seinem Dorf zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Aufgrund mangelnder juristischer Erfahrung wurde die Bewährung widerrufen. Ein Grund dafür war die mutmaßliche Teilnahme am sogenannten Leipziger Kessel, einem Vorwurf, dem derzeit über tausend Menschen ausgesetzt sind.
Letze Woche Montag trat Claus seine Haftstrafe an und wurde von etwa 15 Unterstützerinnen vom Bahnhof Regis-Breitingen zur Jugendstrafanstalt (JSA) Regis begleitet. Die Polizei nahm eine Eilversammlung auf und begleitete den Aufzug bis zur JSA. Unterwegs kam es zu Pöbeleien von Passant*innen aus dem rechten Spektrum. An der JSA war die Verabschiedung besonders für Claus‘ Mutter sehr emotional. Nachdem Claus von einem Beamten in die JSA begleitet wurde, brach sie zusammen. Mehrere Menschen trösteten sie und unterstützten sie emotional.
Zu dieser Zeit erschien auch die stellvertretende Anstaltsleiterin in Begleitung eines Mitarbeiters auf dem Parkplatz. Sie sollen Unverständnis für die Begleitung und die Kritik an der Freiheitsstrafe an sich geäußert haben. Mit der Begründung, dass es sich um ein „Privatgelände“ handele, wurden Claus‘ Begleiterinnen aufgefordert, sich zu entfernen. Angesichts des Zustandes der Mutter entschieden sich die Unterstützerinnen, der Aufforderung nachzukommen und sich von der JSA zu entfernen.
Auf Anfrage von La-Presse.org äußerte sich die JSA dazu wie folgt: „Da sich die Personen nicht von dem Anstaltsgelände wegbewegten, wurde durch die stellvertretende Anstaltsleiterin und einen Zentralbediensteten Kontakt mit den Personen aufgenommen, um sie zu bitten, das Anstaltsgelände nunmehr zu verlassen. Im Rahmen dessen wurde auf das Hausrecht verwiesen. Die Gruppe verließ kurze Zeit später friedlich das Gelände.“
Der Vorfall rund um Claus und den Leipziger Kessel wirft laut „Omas gegen Rechts“ Fragen auf. „Es stellt sich die Frage, ob eine möglicherweise einseitige und harte Bestrafung stattgefunden hat“, meint Ingrid von „Omas gegen Rechts“. Auch bereitet ihr der Umgang der JSA mit der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Sorgen.
Der Vorfall an der JSA könnte mit einer unklaren Rechtslage zu tun haben. Auf einem Schild zum Parkplatz wird das Gelände als „Privatgelände“ ausgewiesen – was auch die Begründung für die Platzverweise war. Auf Nachfrage räumte die JSA ein, dass sich die Liegenschaften auf dem Gelände des Freistaates Sachsen befinden. Zwar hat die JSA dort Hausrecht, Versammlungen dürften jedoch erlaubt sein. Dazu teilt das Justizministerium auf Anfrage von La-presse.org mit, dass vergleichbare Schilder neben der JSA bei den JVAen in Bautzen, Dresden, Waldheim und Zeithain aufgestellt sind. Das Schild an der JSA wurde vor 15 Jahren aufgestellt. „Anliegen war es, die Öffentlichkeit zu informieren, dass es sich um keinen öffentlichen Straßenraum handelt“. Gegenwärtig ist keine Anpassung der Beschilderungen geplant. Verantwortlich ist der „Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB)“.
Der Fall von Claus verdeutlicht einmal mehr die Notwendigkeit einer „kritischen Betrachtung der Rechtsstaatlichkeit und der Behandlung von Menschen, die sich politisch oder gesellschaftlich engagieren“, führt Oma Ingrid aus. Es ist von großer Bedeutung sicherzustellen, dass jedem Einzelnen ein faires und gerechtes Verfahren zuteil wird und die Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben. Es bleibt zu hoffen, dass Fälle wie dieser zu einer breiteren Diskussion über soziale Gerechtigkeit, den Umgang mit politischem Engagement und die Rolle von Polizei und Justiz in unserer Gesellschaft führen. Nur durch eine offene und konstruktive Debatte können positive Veränderungen erreicht werden, um sicherzustellen, dass „alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Alter oder ihren politischen Überzeugungen gleich behandelt werden“, ergänzt Selma von „Omas gegen Rechts“. /MS
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